Lange oder kurze Zinsbindung?

Ob bei einer Immobilienfinanzierung eine 10-, 20-jährige – oder sogar noch längere Zinsbindung sinnvoll ist, lässt sich – wer hätte das gedacht – nicht pauschal korrekt beantworten. Lange Zinsbindungen lassen sich ähnlich wie eine Zinsversicherung betrachten: Für das Versichern gegen das Zinsanstiegsrisiko wird eine Prämie verlangt und in den Sollzins eingepreist. Im Gegenzug darf der Darlehensgeber die Zinsen nach Ablauf der ersten 10 Jahre nicht erhöhen, auch wenn das Marktniveau gestiegen ist. Ob der Versicherungsfall aber tatsächlich eintritt, wissen wir vorher nicht. Ähnlich ist es in der Immobilienfinanzierung: Es ist – reine Spekulation.

Sicher ist es aber sinnvoll, die Einflussfaktoren zu kennen, welche die Bauzinsen bestimmen. Das Geld dazu stammt ja nicht „von der Bank“, sondern überwiegend aus Pfandbriefen, welche Banken emittieren, sich also refinanzieren. Die sogenannten Pfandbriefsätze folgen wiederum dem Leitzins – und zwar immer mit einer gewissen Verzögerung.

Eurozone ist auf geringes Zinsniveau angewiesen

Eine Erhöhung der Leitzinsen der Eurozone brächte Euroländer wie Griechenland, Italien oder Spanien in Bedrängnis, da sie dann ihre Schulden nicht mehr bedienen könnten. Wirtschaftspolitisch befinden wir uns am Ende einer langen Konjunkturphase – höhere Zinsen würden da zusätzlich auf die Unternehmensgewinne drücken, die durch den Handelskrieg ohnehin schon zu bröckeln beginnen. Ich gehe daher davon aus, dass solange die EU und die Eurozone wie heute weiterbestehen, allenfalls kosmetische Zinsschritte „drin sind“, wenn man der Volkswirtschaft und den Beschäftigungszahlen nicht ernsthaften Schaden zufügen will.

Das Risiko kalkulieren

Im übrigen Leben versichert man sich üblicherweise auch nicht gegen Jedes und Alles – sondern nur gegen die Risiken, die man entweder nicht bereit oder in der Lage ist, zu tragen. In meinen Beratungsgesprächen errechne ich das Zinsrisiko gerne anhand des langjährigen Durchschnittszinses von 6-7% konkret in Euro. Daraus ergibt sich eine entsprechend höhere Rate nach Ende der Zinsbindung. Wer sowohl willens als auch in der Lage ist, diese konkrete höhere Rate im „Schadensfall“ zu zahlen, der kann auch mit dem günstigen 10-Jahres-Zins finanzieren – und die Differenz stattdessen in eine erhöhte Tilgung einfließen lassen. Das ist oft bei höheren Einkommen sinnvoll. Wenn die Anfangsrate aber schon große Einkommensteile aufbraucht, und von einer Einkommenssteigerung nicht ausgegangen werden kann, dann halte ich eine längere Zinsbindung für notwendig.

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